Werkblatt - Zeitschrift für 
Psychoanalyse und Gesellschaftskritik


Marina Leitner hat in Salzburg Psychologie studiert und über "Freud, Rank und die Folgen" ihre Diplomarbeit verfaßt. Mittlerweile schreibt sie an ihrer Dissertation über die Entwicklungsgeschichte der psychoanalytischen Technik. Ihr Beitrag gibt einen Überblick über die Person und das Werk von Otto Rank.
 

Otto Rank - vergessener Pionier der Psychoanalyse

Marina Leitner


Otto Rank war einst einer der wichtigsten und mächtigsten Männer der frühen psychoanalytischen Bewegung. Heute ist er weitgehend vergessen, allenfalls eine Randfigur in der üblichen psychoanalytischen Geschichtsschreibung. Wie manch anderer Dissident (z.B. Sándor Ferenczi) wurde er als geisteskrank denunziert, seine Theorien als Folge dieses abnormen Geisteszustandes gesehen. Hauptverantwortlich dafür war Ernest Jones, der in seiner dreibändigen Freud-Biographie (1953, 1955, 1957) den Grundstein für diese Einschätzung Ranks legte. Schon im Nachruf auf Rank schrieb Jones:

"The melancholia that was to cloud his later years had already begun and he spent the rest of his life - in Paris and New York - alternating between feverish endeavors to find some short and efficient form of psychotherapy and moods of apathetic depression. It was a sad close to a fruitful career, one so full of further promise" (Jones 1940, S. 113).

Erst allmählich wird diese Einschätzung widerlegt und überwunden, aber in weiten Kreisen ist Rank immer noch eine Person, dessen Schlüsselstellung für die Anfänge der Psychoanalyse unterschätzt und dessen Bedeutung für die Gegenwart der Psychoanalyse nicht gesehen wird.

Wer war nun Otto Rank? Am 22. April 1884 als zweiter Sohn des jüdischen Kunsthandwerkers Simon Rosenfeld und dessen Frau Karoline geboren, konnte er wegen der schlechten finanziellen Verhältnisse nur eine Gewerbeschule besuchen. Unter seinem Beruf als Schlosser litt er sehr. Er begann mit 15 Jahren, sich für Kultur zu interessieren und bildete sich autodidaktisch fort. Wichtig wurde für ihn vor allem die Beschäftigung mit Ibsen, Schopenhauer und Nietzsche. Mit 19 Jahren nahm er seinen neuen, nicht-jüdischen Namen "Rank" an, den er 1909 formalisierte. Im Frühling 1905 traf er Sigmund Freud, bei dem er von seinem Hausarzt Alfred Adler eingeführt wurde. Rank zeigte ihm das Manuskript einer Arbeit, die 1907 als Der Künstler publiziert wurde. Mit Freuds finanzieller Hilfe studierte er Philosophie und Deutsch. 1912 schloß er das Studium mit der ersten Dissertation, die die psychoanalytische Methode verwendete, ab (Die Lohengrinsage). Er war bezahlter Sekretär der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft (ab 15.4.1908 der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung) und protokollierte in dieser Funktion deren Sitzungen. Rank hatte von Anfang an eine Sonderstellung unter den Mitgliedern der Wiener Vereinigung, über die sich Freud öfter abschätzig äußerte (z.B. Freud an Ferenczi, 3.4.1910; Brabant et al. 1993a, 234). Ranks Einfluß in der psychoanalytischen Bewegung wuchs. So war er - neben Karl Abraham, Max Eitingon, Sándor Ferenczi, Ernest Jones und Hanns Sachs - eines der Gründungsmitglieder des Geheimen Komitees. Von 1912 bis 1924 war er Redakteur der Periodika Imago - Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften und Internationale Zeitschrift für (ärztliche) Psychoanalyse. Im Zuge des 1. Weltkrieges wurde Rank im Jänner 1916 nach Krakau versetzt, wo er als Herausgeber der Krakauer Zeitung fungierte. Dort lernte er auch seine zukünftige Frau Beata ("Tola") Mincer, eine Psychologiestudentin, kennen. Von 1919 bis 1924 war er Leiter des Internationalen Psychoanalytischen Verlages [= Verlag].
Im Jahre 1924 sehen wir Rank als einen Mann, der auf einem Höhepunkt seiner Karriere steht. Freud drückte sogar sein Bedauern darüber aus, Rank vom Studium der Medizin abgehalten zu haben, denn "in diesem Falle wäre ich nicht im Zweifel, wem ich die leitende Rolle in der PA Bewegung hinterlassen hätte." (Freud an Rank, 4.8.1922) Dies alles sollte sich aber noch im selben Jahr völlig ändern.

In meiner Arbeit über den Konflikt zwischen Sigmund Freud und Otto Rank (Leitner 1995) habe ich versucht, diesen aus einem Zusammenspiel mehrerer Faktoren zu erklären, darunter Ranks wissenschaftliche Entwicklung, die Konflikte im Geheimen Komitee und die Probleme zwischen Rank und Jones bezüglich des Internationalen Psychoanalytischen Verlags. Im Geheimen Komitee nahmen seit einigen Jahren die Spannungen ständig zu. Es ging sowohl um Machtkämpfe, als auch um ein Ringen um die Liebe und Anerkennung Freuds. Diese Konflikte traten besonders stark zwischen Jones, dem Hauptverantwortlichen für die International Psycho-Analytic Press, und Rank, dem Leiter des Verlags, hervor. Verschärft wurde die Lage noch durch die Entdeckung der Krebserkrankung Freuds im Jahre 1923, die die Frage der Nachfolge akut erscheinen ließ. In dieser explosiven Situation erschienen nun zwei Bücher, an denen sich der Konflikt entzündete. Das eine war eine Gemeinschaftsarbeit von Ferenczi und Rank, Entwicklungsziele der Psychoanalyse (1924), das andere war das Buch, das auch heute noch am ehesten mit Ranks Namen verbunden wird: Das Trauma der Geburt (1924).

Rank hatte sich bis 1919 auf den Bereich der Anwendung der Psychoanalyse auf die Literatur und den Mythos konzentriert und einige wichtige Werke publiziert, von denen ich als Beispiele Der Mythus von der Geburt des Helden (1909), Ein Beitrag zum Narcissismus (1911a), Die Lohengrinsage (1911b), Das Inzest-Motiv in Dichtung und Sage (1912) und Psychoanalytische Beiträge zur Mythenforschung (1919) erwähnen möchte. Besonders Das Inzest-Motiv in Dichtung und Sage ist charakteristisch für diese Schaffensperiode Ranks: Auf ca. 650 Seiten (kleingedruckt!) versuchte er, das Walten des Ödipuskomplexes in einer nicht enden wollenden Fülle von Material aus Mythologie, Märchen und Literatur nachzuweisen. Einen besseren Schüler konnte sich Freud nicht wünschen!
Ab dem Jahr 1919 sollte sich dies allmählich ändern, u. a. auch deshalb, da Rank begann, selbst Analysen durchzuführen. Schon bald arbeiteten er und Ferenczi an der Entwicklung der psychoanalytischen Technik. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit schlug sich in dem Buch Entwicklungsziele der Psychoanalyse (1924) nieder. Es kann grob in zwei Teile gegliedert werden: der "kritische Teil", der die herrschende psychoanalytische Technik verwarf, stammte von Ferenczi, der Teil über die "analytische Situation" von Rank (Ferenczi & Rank 1924, S. 3). Ferenczis Abschnitt war ein keineswegs diplomatischer Angriff auf die Berliner Analytiker, vor allem auf Abraham und Sachs. Ferenczi kritisierte vor allem den "Deutungsfanatismus1" (ebd., S. 31), die "Symptomanalyse" (ebd., S. 32) oder die Theorielastigkeit mancher Analytiker, die die Theorie Freuds "in allzu dogmatischer Weise" in der Therapie anwenden würden (ebd., S. 35f).
Die Botschaft Ferenczis und Ranks kann in einem Satz zusammengefaßt werden: Sie gaben "anstatt dem Erinnern dem Wiederholen die Hauptrolle in der analytischen Technik" (ebd., S. 8). Freud legte in seinem Aufsatz "Weitere Ratschläge zur Technik der Psychoanalyse: II. Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten" (Freud 1914g) den Schwerpunkt auf das Erinnern. Er sprach von Fällen, bei denen der Analysand nichts von dem Vergessenen erinnere, sondern "agiere" (ebd., S. 209): "Er reproduziert es nicht als Erinnerung, sondern als Tat, er wiederholt es" (ebd., S. 209f). Freud erblickte darin ein Widerstandsphänomen (vgl. ebd., S. 211), das Erinnern sei das Ziel (ebd., S. 213). Es sei ein "Triumph der Kur, wenn es gelingt, etwas durch die Erinnerungsarbeit zu erledigen, was der Patient durch eine Aktion abführen möchte." (Ebd., S. 213)
Ferenczi und Rank begründeten ihre Schwerpunktsetzung auf den Erlebnisaspekt damit, daß gewisse Teile der Entwicklung nicht erinnert werden könnten und somit der einzige Weg zu deren Erfassung die Reproduktion sei (vgl. Ferenczi & Rank 1924, S. 7); daran müsse eine "Verwandlung des Reproduzierten in aktuelle Erinnerung" anschließen (ebd., S. 8). Das heißt mit anderen Worten, daß sich Rank und Ferenczi mit ihren Forschungen im präverbalen Bereich und somit im Bereich der Frühstörungen bewegten.
Diese meist nie bewußten Situationen und "in der Kindheit kupierten Wunschregungen" würden sich in der Übertragung äußern und hier "zum erstenmal intensiv" erlebt werden können (ebd., S. 13), ja, die "Urneurose kann ... nur in der Analyse durch Reproduktion, die hauptsächlich in der Übertragung erlebt wird, wiederholt und damit psychisch erledigt werden." (Ebd., S. 21)

Heute gehört das "Agieren zu den am meisten überfrachteten psychoanalytischen Konzepten", und es stellt sich die - schon von Rank aufgeworfene - Frage, "inwieweit es als Möglichkeit betrachtet werden kann, einen entwicklungsmäßig frühen Konflikt, der lediglich sensomotorisch codiert ist, zum Ausdruck zu bringen." (Mertens 1991, S. 161) Man ist sich einig, daß das Agieren zwar als Widerstand verwendet werden kann, aber auch der

"Kommunikation von lebensgeschichtlichen Erfahrungen [dient], die vorerst nur im Handlungsdialog inszeniert werden können. Was noch nie ausreichend verbal repräsentiert war, kann auch nicht der Erinnerung zugänglich sein." (Mertens 1991, S. 173)

Es ist wieder ein Zeichen der Verdrängung Ranks und Ferenczis, wenn Mertens schreibt: "Seit Balint ... wird deshalb auch die kreative und innovative Seite des Agierens gesehen" (ebd.).
Rank führte den Begriff der "analytischen Situation" ein, was eine Wende hin zur aktuellen Situation, zur Gegenwart der Therapiesituation und zur aktuellen Beziehung zwischen Analytiker und Analysand bedeutete. Es fand hier ein entscheidender Paradigmenwechsel statt: Nach Rank muß man

"jede Äußerung des Analysierten vor allem als Reaktion auf die gegenwärtige analytische Situation (Abwehr oder Anerkennung von Aussagen des Analytikers, Gefühlsreaktionen auf dieselben usw.) verstehen und deuten ..., wobei es wichtig ist, aktuell Provoziertes vom infantil Wiederholtem in den Reaktionen zu unterscheiden" (Ferenczi & Rank 1924, S. 26f).

Diese Auffassung ist eine Vorwegnahme der neopsychoanalytischen Auffassung der Therapie als einen Prozeß, der sich im Hier und Jetzt in einer konkreten Beziehung abspielt (vgl. Falzeder 1992, S. 14). Besonders wichtig wird diese Sichtweise der Therapie bei Sullivan (vgl. Chrzanowski 1977, S. 363). Wie modern diese Auffassung des "analytischen Settings" war und ist, zeigt sich in der Beschreibung der zeitgenössischen psychoanalytischen Therapie, in der die "forcierte Analyse der Übertragung" und die "Fokussierung auf das Hier und Jetzt der Beziehung" eine entscheidende Rolle spielen (Mertens 1991, S. 104).

Die in diesem Buch vertretenen Ideen zählen heute großteils zum unbestrittenen Bestand psychoanalytischer Technik und Therapie, ja, sie sind "Bestandteil der tagtäglichen Arbeit der Psychoanalytiker geworden" (Roazen 1971, S. 387). Rank und Ferenczi verloren zwar im damaligen Konflikt gegen die "orthodoxere" Richtung von Abraham und Jones, jedoch in der Theorie und Praxis psychoanalytischer Therapie setzten sich Ranks und Ferenczis Ideen durch, ohne daß ihre Vorreiterrolle oder Urheberschaft erwähnt werden. So wird Rank in dem Standardwerk Einführung in die psychoanalytische Therapie III (Mertens 1991) nur einmal erwähnt.

Im Vordergrund stand bei Rank zunächst die Auseinandersetzung mit und Modifikation der psychoanalytischen Technik. Als ein Ergebnis davon änderte sich seine Auffassung der psychoanalytischen Theorie. Ausgangspunkt war Ranks Einführung, dem Patienten in jedem Fall einen unverrückbaren Termin für die Beendigung der Analyse zu setzen, was dazu führte, daß "in der Endphase der Analyse der Heilungsvorgang vom Unbewußten ganz regelmäßig in der uns großenteils schon bekannten typischen Geburtssymbolik dargestellt wurde." (Rank 1924, S. 24) Rank begann, seine Theorie des Geburtstraumas zu entwickeln.

Das Trauma der Geburt (1924) ist etwas verworren geschrieben und schwer zu lesen. Man gewinnt den Eindruck, daß Rank im Bann seiner Theorie stand, was sich negativ auf die Darstellung auswirkte. Der Anspruch des Buches war übergroß: Rank erhob allen Ernstes den Anspruch, nicht nur die Psychoanalyse "biologisch zu fundieren" (Rank 1924, S. 21), sondern mit seiner Theorie auch alle neurotischen Symptome, alle kreativen Leistungen und sogar die "Menschwerdung selbst" (ebd., S. 19) erklären zu können.
Nach Rank ist das Geburtstrauma "das letzte biologisch faßbare Substrat des Psychischen" (ebd., S. 21), und er versuchte, "das anscheinend rein körperliche Geburtstrauma in seinen ungeheuren seelischen Folgen für die gesamte Entwicklung der Menschheit aus analytischen Erfahrungen erstmalig zu rekonstruieren" (ebd.).

Ausgehend von seinen therapeutischen Erfahrungen postulierte Rank, daß die Analyse sich "letzten Endes als nachträgliche Erledigung des unvollkommen bewältigten Geburtstraumas" erweise (Rank 1924, S. 26). Der Patient solle in der Analyse die "seinerzeit unvollkommen gelungene Ablösung von der Mutter ... mit besserem Erfolg wiederholen" (ebd.). Rank bemerkte, daß die Patienten "die analytische Situation vom ersten Augenblick mit der intrauterinen" identifizieren und den Analytiker mit der Mutter (ebd., S. 27). Die Übertragungslibido sei somit die mütterliche (vgl. ebd., S. 28). Hier nahm Rank theoretische Entwicklungen vorweg, wie z.B. von Donald W. Winnicott, der wie Rank "not the father but the mother as the prototype for later transference relationships" betont (Rudnytsky 1991, S. 109), oder von Melanie Klein und Phyllis Greenacre, die "in der Mutter-Kind-Beziehung den Kern jeder Übertragung" sehen (Mertens 1991, S. 194).
Der Analytiker, der im Verlauf der Therapie "beide infantilen Libidoobjekte repräsentiert", müsse diese "Urfixierung an die Mutter" lösen (Rank 1924, S. 30). Für den Therapeuten verwendete Rank die Metapher der "Hebamme" (ebd., S. 208).

Rank rückte eindeutig die Mutter in den Mittelpunkt seiner Theoriebildung, was nach Lieberman seine wesentliche Leistung war: "Rank's early emancipation from the masculine dogmatism of psychoanalysis remains more significant today than his overly fanciful explanation of its cause and cure." (Lieberman 1985, S. 236) So betont auch Menaker:

"He was the first to shift the emphasis in the psychoanalytic understanding of human development from the male-oriented, Oedipal situation of childhood, with its ensuing castration anxiety as the center of conflict, to the initial mother-child relationship." (Menaker 1982, S. 67)

Zentral sei die Trennung des Neugeborenen von der Mutter als dem ersten Lididoobjekt, die sich in der Analyse wiederhole (vgl. Rank 1924, S. 65). Diese These ist eigentlich der Beginn der modernen prä- und perinatalen Psychologie: wenn die perinatale Mutter tatsächlich das erste Libidoobjekt ist, heißt das, daß das Kind pränatal die Mutter als getrennt von sich, also als Objekt, wahrnimmt - denn sonst könnte es bei der Geburt keine Trennung erleben. Freud erkannte diese Implikation, wies sie aber in seinem Buch Hemmung, Symptom und Angst (1926d) entschieden zurück: die Geburt könne "subjektiv nicht als Trennung von der Mutter erlebt [werden], da diese als Objekt dem durchaus narzißtischen Fötus völlig unbekannt ist." (Freud 1926d, S. 272) In diesem Sinne schrieb Freud an Rank: "Ich glaube, Sie eröffnen das psychologische Konto zu früh." (27.8.1924)
Nach Rank jedoch seien die letzte Zeit der Schwangerschaft und die Geburt "dem Individuum als solchem doch unmittelbar gegeben und als solche zweifellos reproduktionsfähig"; die "Mutterleibsphantasie" sei eine "Realität" (1924, S. 98). Es sei somit auch nicht gleichgültig, "bis in welche Zeit der Gravidität der Geschlechtsverkehr fortgesetzt wird" (ebd., S. 199, Anmerkung 9).

Rank stellte mit seinem Trauma der Geburt eine neue Angsttheorie auf. Die Angst sei nicht nur "der erste psychische Inhalt ..., dessen sich der Mensch bewußt wird" (ebd., S. 67), sondern auch der Kern jeder Neurose (vgl. ebd., S. 63). Ausgehend von Freud sah Rank in der Geburtsangst den Ursprung des Angstaffektes, wobei dessen Bewältigung die gesamte Kindheit beanspruche (vgl. ebd., S. 32). Dies zeige sich z.B. in der Angst von Kindern vor dunklen Räumen oder vor Tieren (vgl. ebd., S. 32f). Dieser Angstaffekt im Kind benütze jede sich bietende Gelegenheit, um den Affekt wieder abreagieren zu können: "jede Äußerung infantiler Angst [entspricht] einer partiellen Erledigung der Geburtsangst" (ebd., S. 37). Aber es gehe nicht nur jede Angst auf die Geburtsangst zurück, sondern auch "jede Lust [tendiere] letzten Endes zur Wiederherstellung der intrauterinen Urlust" (ebd., S. 38). In der Neurose wirkten "reproduzierte Reminiszenzen an die Geburt bzw. ihr lustvolles Vorstadium" (ebd., S. 63). Rank erklärte nun die Frage, wieso das Streben, diesen paradiesischen Urzustand wiederherzustellen, mit der Urangst verbunden ist, folgendermaßen:

"Es scheint, daß der Urangstaffekt der Geburt ... von Anfang an nicht bloß Ausdruck physiologischer Beeinträchtigungen (Atemnot - Enge - Angst) des Neugeborenen ist, sondern infolge Verwandlung einer höchst lustvollen in eine äußert unlustvolle Situation sogleich einen «psychischen»Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Gefühlscharakter bekommt. Diese empfundene Angst ist so der erste Inhalt der Wahrnehmung, sozusagen der erste psychische Akt, welcher der noch ganz intensiven Tendenz zur Wiederherstellung der eben verlassenen Lustsituation die erste Schranke entgegensetzt, in der wir die Urverdrängung zu erkennen haben." (Rank 1924, S. 193)

Es löscht also die Wahrnehmung der Urangst die Erinnerung an den lustvollen Intrauterinzustand aus und verhindert somit "die Rückstrebung, die uns lebensunfähig machen würde" (ebd., S. 193).

De facto kam durch Ranks Theorie - auch wenn er es in dieser Schärfe negierte - der Ödipuskomplex der Freudschen Theorie ins Wanken. Rank sah im Trauma der Geburt das Urtrauma, gefolgt vom Trauma der Entwöhnung: "Erst an dritter Stelle tritt dann das in der Individualgeschichte regelmäßig phantasierte, höchstens als Drohung erlebte Genitaltrauma der Kastration", das "den größten Teil des natalen Angstaffektes als Schuldgefühl" übernehme (ebd., S. 41). Der Vater werde zum "Repräsentanten der an die Mutter (das mütterliche Genitale) geknüpften Angst" (ebd., S. 59). Die "Urphantasien von der Kastration und der Ödipussituation" könne auf das Geburtstrauma zurückgeführt werden, und die "Belauschung des elterlichen Koitus auf ihr reales Substrat, die pränatale Situation" (ebd., S. 197).
Rank wertete hier die Theorie um: die von Freud angenommene Mutterleibsphantasie2 sah er als Realität, den von Freud als real angenommenen Kastrationskomplex als "Urphantasie". Es sei eigentlich gleichgültig, ob diese Szene erlebt würde, denn der "beobachtete Koitus könnte nicht die traumatische Wirkung haben, wenn er nicht an das Urtrauma, der ersten Störung der seligen Ruhe durch den Vater, erinnern würde" - wobei die "Störung" der Penis des Vaters sei (ebd., S. 199). Der kindliche Ödipuskomplex sei die "psychosexuelle Verarbeitung der intrauterinen Ödipussituation" (ebd.).

Rank führte die infantilen Geburtstheorien, alle neurotischen Störungen des Sexuallebens und die Perversionen auf die "unlustvolle Fixierung an diese Funktion des weiblichen Genitales als Gebärorgan" zurück, das mit dem "dort erlebten Geburtstrauma" zusammenhängt (ebd., S. 51); alle Neurosen seien eine "Regression von der Stufe der Sexualanpassung in den pränatalen Urzustand, bzw. in die Geburtssituation, die ja dabei überwunden werden muß" (ebd., S. 215). Aber nicht nur pathologische Reaktionen führte Rank auf das Geburtstrauma zurück. Die ganze Menschwerdung könne damit erklärt werden, da der Mensch versuche, diesen

"wirklichen Urzustand auf alle mögliche Weise, sozusagen schöpferisch wieder herzustellen ..., was ihm in den sozial angepaßten Phantasieprodukten der Kunst, Religion, Mythologie bis zu einem hohen Grade von Lustgewinnung gelingt, während es in der Neurose kläglich scheitert." (Ebd., S. 47)

In normalpsychologischen Phänomenen wie im Schlaf sah er ebenfalls ein Zeichen, daß das Geburtstrauma nie ganz überwunden werden kann (vgl. ebd., S. 89). Ähnliches gilt für die Träume: Im Wunschtraum werde die Intrauterinsituation dargestellt, im Angsttraum das Geburtstrauma, die "Vertreibung aus dem Paradies" (ebd., S. 90). Ebenso zeigte Rank an allen anderen typischen Träumen (z.B. Prüfungstraum) die Verbindung zum Geburtstrauma auf.

Soweit der grobe Inhalt dieser zwei Bücher, auf die Freud zunächst positiv reagierte. Nachdem ihm Rank zu seinem Geburtstag am 6.5.1923 das Manuskript vom Trauma der Geburt überreicht hatte, nahm Freud die Widmung ausdrücklich an und schrieb: "Ich selbst jetzt gelähmt, freue mich ungemein Ihrer schönen Produktivität. Das heißt doch für mich auch: Non omnis moriar" (Freud an Rank, 1.12.1923; Wittenberger 1995, S. 2543). Aber allmählich, auch unter dem Einfluß der anderen Komiteemitglieder, vor allem Abraham und Jones, rückte Freud zuerst von der Theorie, dann auch von der Person Ranks ab. Nach dem 8. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß in Salzburg vom 21. - 23. April 1924 reiste Rank nach Amerika ab. Im Gegensatz zu seinen dortigen Erfolgen entwickelte sich die Lage in Europa gegen ihn; selbst Ferenczi wandte sich zunehmend von ihm ab. Die Trennung Ranks von Freud und der psychoanalytischen Bewegung schien unvermeidbar. Doch dann kam die überraschende Wende. Man kann sagen, Rank brach zusammen. Er führte "analytische" Gespräche mit Freud, und am 20.12.1924 verfaßte Rank einen Rundbrief an die Mitglieder des Geheimen Komitees, in dem er sich entschuldigte und die Verantwortung für den Konflikt auf sich nahm. So meinte er:

"Ich bin plötzlich aus einem Zustand, den ich jetzt als neurotisch erkennen kann, wieder zu mir selbst gekommen ... Ich habe so realerweise Konflikte erledigen müssen, die mir wahrscheinlich durch eine rechtzeitige Analyse erspart geblieben wären" (Wittenberger 1995, S. 329).

Wie schon im Vorfeld des eigentlichen Konfliktes waren die Mitglieder des Geheimen Komitees gefangen in einem Diskurs des Psychologisierens und Pathologisierens. Rank fand - zum Teil sehr gönnerhafte - Verzeihung, allerdings mit dem Vorbehalt, daß er seine Theorien widerrufe. Die Lage, in der Rank sich befand, stellte sich als äußerst schwierig dar. Er hatte inzwischen alle wichtigen Positionen in der psychoanalytischen Bewegung verloren, er sollte seine Theorien zurücknehmen, und zudem stellten sich Probleme in seiner Ehe mit Beata ein. Bis Anfang des Jahres 1926 zog sich diese schwierige Phase hin. Aus seinen Publikationen aus den folgenden Jahren, die er zum Teil damals schon vorbereitet hatte, wird jedoch ersichtlich, daß er seine Theorien nicht nur nicht widerrufen, sondern sogar weiterentwickelt hatte (s. u.). Das Werk, das wie kein anderes sein Schaffen als Schüler Freuds charakterisierte, Das Inzest-Motiv in Dichtung und Sage, erschien 1926 in der 2. Auflage - versehen mit einem neuen Motto, das den Bruch mit Freud widerspiegelte:

"Und wenn Dir einst von Sohnespflicht,
mein Sohn, Dein alter Vater spricht,
gehorch ihm nicht, gehorch ihm nicht!"
Dehmel

Freuds erste literarische Reaktion auf Das Trauma der Geburt, "Der Untergang des Ödipuskomplexes" (Freud 1924d), war noch sehr zurückhaltend. Er kam in diesem Artikel zu dem Ergebnis, daß der Ödipuskomplex - "das zentrale Phänomen der frühkindlichen Sexualperiode" (Freud 1924d, S. 245) - dem Prozeß der Verdrängung unterliege, oder exakter ausgedrückt: "der beschriebene Prozeß ist mehr als eine Verdrängung, er kommt, wenn ideal vollzogen, einer Zerstörung und Aufhebung des Komplexes gleich." (Ebd., S. 248) Der Ödipuskomplex des Jungen gehe "an der Kastrationsdrohung zugrunde" (ebd., S. 251). Freud verwies insofern auf Rank, als er betonte, daß dieses Ergebnis seiner Untersuchung durch das Erscheinen des Buches Das Trauma der Geburt nicht ohne Diskussion hingenommen werden könne - wobei eine solche Diskussion zu diesem Zeitpunkt jedoch "vorzeitig" sei (ebd.).
Den richtigen Zeitpunkt dafür hielt Freud für gekommen, als er sein Buch Hemmung, Symptom und Angst, das er 1925 verfaßt hatte, 1926 veröffentlichte. Es war eine (widersprüchliche und schwer zu lesende) Auseinandersetzung mit Rank und eine neue Konzeption seiner Angsttheorie, zu der er von Ranks Thesen angeregt wurde:

"Die Ranksche Mahnung, der Angstaffekt sei, wie ich selbst zuerst behauptete, eine Folge des Geburtsvorganges und eine Wiederholung der damals durchlebten Situation, nötigte zu einer neuerlichen Prüfung des Angstproblems." (Freud 1926d, S. 299)

Vielleicht liegt in dem Umstand, daß es als eine Kritik der Rankschen Theorie konzipiert (vgl. Freud an Eitingon, 7.8.1925) und gewiß mit affektiven Schwierigkeiten verbunden war, eine Erklärungmöglichkeit für die (für Freud völlig untypische) schwere Lesbarkeit dieses Werkes, das "nach Art eines Zeitungsromans" verfaßt wurde, "wobei der Autor sich selbst von jeder Fortsetzung überraschen läßt." (Freud an Ferenczi, 14.8.1925)

Bis dahin, also 30 Jahre lang, hatte Freud an der Auffassung festgehalten, daß die Angst "eine von ihrer (normalen) Verwendung abgelenkte Libido" sei (Freud 1898a, S. 20; vgl. auch Freud 1895b, S. 43). Diese Angstkonzeption wies Freud nun zurück und betonte, daß "das Ich die eigentliche Angststätte ist." (Freud 1926d, S. 238) Es war eine vollständige Umwertung seiner Theorien:

"Hier macht die Angst die Verdrängung, nicht, wie ich früher gemeint habe, die Verdrängung die Angst. ... Immer ist dabei die Angsteinstellung des Ichs das Primäre und der Antrieb zur Verdrängung. Niemals geht die Angst aus der verdrängten Libido hervor." (Freud 1926d, S. 253)

Der Unterschied zwischen neurotischer Angst und Realangst verschwindet bzw. beschränkt sich darauf, daß bei der neurotischen Angst "der Inhalt der Angst unbewußt bleibt" - nämlich die Kastration (ebd., S. 269). Die Angst ist die "Reaktion auf die Gefahrsituation", und die Symptome dienen dazu, die "Gefahrsituation zu vermeiden, die durch die Angstentwicklung signalisiert wird." (Ebd., S. 271) Der Abwehrvorgang sei eine Flucht vor einer Triebgefahr, vergleichbar mit der Flucht vor einer äußeren Gefahr (vgl. ebd., S. 285). Entscheidend für seine neue Theorie sei, daß er "von der Angstreaktion auf die Gefahrsituation hinter ihr" zurückgehe (ebd., S. 299).
In diesem Buch diskutierte Freud die Bedeutung der Geburt im Zusammenhang mit der Angst und wies Ranks Theorie über die Bedeutung des Geburtstraumas entschieden zurück: "Ich halte es auch für unberechtigt anzunehmen, daß bei jedem Angstausbruch etwas im Seelenleben vor sich geht, was einer Reproduktion der Geburtssituation gleichkommt." (Freud 1926d, S. 239) Freud hatte sich also endgültig von Ranks Theorie distanziert.

Der unmittelbare Anlaß für Ranks Übersiedelung nach Paris im Jahre 1926 ist nicht bekannt. Nach Jahren des Pendelns zwischen Paris und den USA ließ er sich 1935 endgültig in den Vereinigten Staaten nieder. Er war als Therapeut tätig und hielt an verschiedenen Orten Vorlesungen. Außerdem war er Lehrer an der University of Pennsylvania School of Social Work. Ab ca. 1928/29 entwickelte er seine sogenannte "Willenspsychologie" und "Willenstherapie", eine Kurztherapie, die den Willen und die Entscheidungsfähigkeit des Menschen betont. Seine Werke vor 1924 gelten zum Teil als Klassiker der Psychoanalyse, die Werke ab ca. 1928 gelten für die "Rankianer" als seine entscheidenden. Diejenigen aus den Jahren dazwischen, als von 1924 bis 1927, wurden von beiden Seiten nicht oder nur geringfügig berücksichtigt - dabei sind das die Jahre, die ich nach Rudnytsky als Ranks "anni mirabiles" (Rudnytsky 1991, S. 47) bezeichnen möchte. Hier entwickelte er Konzepte, die noch heute in der Psychoanalyse eine große Rolle spielen. Einige davon möchte ich kurz anführen.
In seinem Werk Technik der Psychoanalyse I (1926) steht die analytische Situation im Zentrum der Darstellung. Darunter verstand Rank "alles, im Verhältnis zur Person des Analytikers aktuell Reproduzierte, im besonderen auf der präödipalen Mutterstufe", wie er es in Grundzüge einer Genetischen Psychologie auf Grund der Psychoanalyse der Ichstruktur I (1927, S. 16) näher definierte. Er sah die Übertragung in der Therapie als eine mütterliche, und nach ihm sei es entscheidend, die Analyse der Übertragung "systematisch in die Zeit vor Entwicklung des Ödipuskomplexes" zurückzuverfolgen und die "Aufdeckung der Präödipussituation" für die Therapie zu nutzen (1926, S. 3). Meines Wissens war Rank der erste, der die Termini "Prädödipussituation" und "präödipal" benutzte. Nachdem in der Analyse die Mutterbindung gelöst sei, müsse eine neue "Ichidealbildung" (ebd., S. 19) stattfinden, und zwar mit Hilfe der "Identifizierung mit dem Analytiker als aktueller Person" (ebd., S. 52). Der Beziehungsaspekt gewann an Bedeutung, und der Therapeut als Person wurde in die Diskussion eingebracht. Der Widerstand erfuhr eine Umwertung: Da die analytische Situation eigentlich eine Muttersituation darstelle, könne man "Anzeichen von «Widerstand» im Sinne der Lösungstendenz von der Mutter, also als Fortschritt deuten" (ebd., S. 14). Rank führte zudem einige Komponenten ein, die bis dahin in der psychoanalytischen Technik und Theorie kaum beachtete wurden, wie z.B. die Bedeutung der Geschwister (ebd., S. 21f) oder des Gehenlernens (ebd., S. 111).
Rank postulierte eine bestimmte Gattung von Träumen und anderes während der Analyse auftauchendes Material, die "nur aus der gegenwärtigen, artifiziell geschaffenen, analytischen Situation" verständlich seien und nicht aus der Vergangenheit des Analysanden (ebd., S. 205). Er stellte sogar den Übertragungsbegriff selbst in Frage, indem er den Gedanken anregte, ob nicht jede Objektbeziehung "stets frisch von Ich her erfolgt" (ebd., S. 206). Er betonte, die Bedeutung des Historischen nicht leugnen zu wollen, jedoch entscheidend sei, daß das Material aus frühkindlicher Zeit meist nicht erinnert, sondern nur aus der analytischen Situation heraus, in der "aktuellen Reproduktion" erkannt werden könne (ebd., S. 203).
Ebenso wie in bezug auf die Technik der Psychoanalyse nahm Rank auch in der Theorie wichtige Ideen vorweg. Vor allem in seinem Werk Grundzüge einer Genetischen Psychologie I (1927) versuchte er, die Entwicklung der Objektbeziehungen und des Ichs genetisch darzustellen. Natürlich kam auch hier der Mutter wieder die entscheidende Rolle zu. Es ist kaum bekannt, daß bereits Rank zwei "Urtypen der Mutter" (ebd., S. 109) als "gutes (gewährendes) und schlechtes (versagendes) Objekt" (ebd., S. 110) unterschied. Besonders durch die Entwöhnung werde der Haß gegen die Mutter und somit die Ambivalenz gegen sie, die aus dem Geburtstrauma stammt, verstärkt (vgl. ebd., S. 83). Dies ist eine eindeutige Vorwegnahme des Konzepts der "guten" und "bösen" Mutter bei Melanie Klein oder W. R. D. Fairbairn (vgl. Eagle 1984, S. 101). In dieser Klarheit und Prägnanz hat dies niemand vor Rank formuliert. Ebenso muß man beim nächsten Satz an Melanie Klein denken:

"Die Projektion des eigenen Narzißmus schafft das Bild der «guten Mutter»Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., die einen so liebt, wie man sich selbst; die Projektion des eigenen Sadismus schafft das Bild der «schlechten Mutter», die einem so wehtut (straft, quält, haßt), wie man es selbst tun möchte." (Rank 1927, S. 163)

Nach Rank erfolgt die "eigentliche Ichbildung ... unter dem Einfluß der Mutter in der Präödipusphase", die "Genese der Ichstruktur" sei nur erklärbar aus den Objektbeziehungen (ebd., S. 45).
Er warnte vor einer Überschätzung der Sexualität, und Begriffe wie Schuldgefühl oder Sadismus wurden in seiner Theorie bedeutend. So laufe die gesamte Erziehung darauf hinaus, den Sadismus einzudämmen (ebd., S. 50). Damit sind wir beim Problem des Gewissens und des Über-Ichs angelangt. Und auch hier sieht man Rank als Vorläufer späterer Theoretiker, wenn er behauptete, daß sich das Über-Ich lange vor der Konstituierung des Ödipuskomplexes "aus dem gehemmten Sadismus" aufbaue, und zwar "in Beziehung auf das mütterliche Objekt" (ebd., S. 90). Die "strenge Mutter" bilde den "eigentlichen Kern des Über-Ich" (ebd., S. 94).

Die Werke nach 1928 enthalten zum Teil auch noch Konzepte, die später in der Psychoanalyse wichtig wurden, wie z.B. das des "wahre[n] Selbst" (1928, S. 31). Jedoch ab diesem Zeitpunkt entfernte sich seine Theoriebildung schon deutlich von der Psychoanalyse.
Ranks Theorien sind hiermit noch lange nicht erschöpfend dargestellt. Da dies in diesem Rahmen jedoch nicht möglich ist, kann ich nur hoffen, die Neugier auf diesen, lange Zeit vergessenen und verdrängten Pionier der Psychoanalyse geweckt zu haben.
 

Fußnoten:

1 Wenn nicht anders angegeben, H. i. Or.
2 Freud sieht die Mutterleibsphantasie als "aus der Bindung an den Vater hervorgegangen": "Man wünscht sich in den Leib der Mutter, um sich ihr beim Koitus zu substituieren, ihre Stelle beim Vater einzunehmen." (Freud 1918b, S. 213)
3 Bei Wittenberger fälschlicherweise 12.1.1923.
 

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Mag. Marina Leitner
Enzingergasse 19a
A-502 Salzburg

Veröffentlicht in: Werkblatt Nr. 38, 1/1997: 107-121.