Begrüßungsrede

Ich freue mich sehr, Sie alle sehr herzlich zu unserer Geburtstagsfeier „20 Jahre Werkblatt“ begrüßen zu dürfen. Sie werden sich vielleicht wundern, warum wir Sie zu diesem doch erstaunlichen Anlass in solch hässlichen und für Werkblattdimensionen eindeutig zu großen Räumlichkeiten empfangen. Das hat ganz profan nostalgische Gründe. Vor 20 Jahren befand sich im Hause gegenüber das psychologische Institut der Universität Salzburg, an dem wir damals unser Studium absolvieren mussten. In diesem Hörsaal fanden einige der für uns äußerst quälenden Vorlesungen in Statistik oder Psychophysiologie statt (Eingeweihte werden sich sicherlich noch an die Namen Klimesch, Kleiter und Eckel erinnern). Bereits als Studenten eine Zeitschrift zu gründen, war für uns ein Teil der Entwicklung einer lebendigen, alternativen Wissenschaftspraxis, welche unser Sitzfleisch in diesen Räumen erheblich stärkte und die wir bis heute pflegen. Wir wollten sie daher gewissermaßen an den Geburtsort unserer Zeitschrift im Jahre 1984 zurückführen. Aber zur Geschichte werden Sie morgen noch mehr erfahren.

Die Idee zu diesem Experiment einer „AbonnentInnentagung“ entstand eigentlich aus einem bürokratischen Problem. Nach der Auflösung unserer damaligen „Alternativuni“, der „Werkstatt für Gesellschafts- und Psychoanalyse im Jahr 1997, hatten wir drei verbliebenen Redaktionsmitglieder uns in das Wagnis gestürzt, das Werkblatt auf eigene Faust weiter herauszugeben, ohne den Rückhalt der zahlreichen früheren Vereinsmitglieder. Ich möchte die Gelegenheit nützen und mich an dieser Stelle gebührend bei unseren Fördermitgliedern bedanken, deren zahlungskräftige Mithilfe bis heute wesentlich dazu beigetragen hat, dass dieses Wagnis auch glücken konnte. Neben dem Geld war natürlich sehr viel Arbeitseinsatz notwendig. So übernahm ich damals zusätzlich zur Redaktionsarbeit auch die Verantwortung für den ganzen Vertrieb und die Abonnentenverwaltung und konnte auf diese Weise zum ersten Mal in meinem Leben auch meine kaufmännischen Interessen befriedigen. Was mich dabei allerdings störte, war die Tatsache,  dass ich mir über die Eigentümer der vielen Namen in unserer Kartei, mit denen ich ständig zu tun hatte, lediglich Phantasien machen konnte. So erwachte in mir bald das Bedürfnis, eines Tages auch die dahinterstehenden Personen kennen zu lernen. Von der Idee eines Abonnententreffens, konnte ich jedoch meine beiden Kollegen lange nicht begeistern. Auch die Arbeit einer Jubiläumstagung hat uns sehr abgeschreckt. Die Kompromissbildung bestand schließlich in einer „AbonnentInnentagung“, bei der zur Abwechslung nicht wir etwas bieten wollten, sondern unsere Abonnenten uns ein Programm machen sollten. Das Ergebnis der Rückmeldungen war beeindruckend und so sind wir schon gespannt, was wir morgen von Ihnen zu hören bekommen.

Seit kurzem verwalte ich nun die Abonnentenkartei nicht mehr selbst. Unsere neue Sekretärin Frau Liliane Bell hat diese Arbeit mit viel Elan übernommen. Sie hat auch mit ihrer Erfahrung diese Tagung bestens vorbereitet und wird auch heute und morgen in allen organisatorischen Fragen für Sie da sein. Die Einrichtung eines eigenen Büros markiert nach zwanzig Jahren einen weiteren Schritt in Richtung Professionalisierung. Eine Tendenz, die Ihnen vielleicht auch schon am neuen Outfit des Werkblatts aufgefallen ist, für welches unser Art-Direktor Albert Ellensohn verantwortlich zeichnet.  Wir hoffen sehr, damit den Weg zum nächsten Jubiläum gesichert zu haben. Auch unsere, ganz im Gegensatz zum allgemeinen Trend, steigenden Abonnentenzahlen lassen machen uns Mut den eingeschlagenen Weg fortzusetzen.

Und schließlich hat das Werkblatt hat natürlich nicht nur von mir profitiert, sondern ich auch von ihm. So feiert heute nicht nur das Werkblatt ein Jubiläum: genau heute vor 15 Jahren habe ich auf einer von uns organisierten Tagung meine Frau kennen gelernt. Wohl deshalb hat sie all die vielen Jahre still duldend in Kauf genommen, dass unser Keller auf Grund der dort lagernden zahlreichen alten und neuen Werkblatthefte immer unbegehbarer wurde.

Wir haben uns lange den Kopf zerbrochen wen wir für einen Festvortrag einladen könnten. Von der Tagung anlässlich des 10-jährigen Bestehens der Sexualberatungsstelle war uns Karl Markus Gauß mit seiner Rede über die Obsessionen des Heimito von Doderer noch in bester Erinnerung. Mittlerweile ist Herr Gauß ein preisgekrönter und international gelesener Autor geworden. Wie hoch sein Bekanntheitsgrad mittlerweile geworden ist, fiel mir erst kürzlich in Zürich auf, als ein junger Kollege merkte, dass ich Österreicher bin. Sofort sprach er mich auf Karl Markus Gauß an, den er mit großer Begeisterung lese. Auch wir haben ihn als kritischen Autor mit einer äußerst scharfen Zunge kennen- und schätzen gelernt, der noch dazu selbst eine Zeitschrift herausgibt. Daher sind wir sehr neugierig darauf, was Ihnen Herr Gauß sozusagen aus der Nachbarschaft zu unserem Geburtstag eingefallen ist.

Karl Mätzler